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Mathias Seidl jun., 39 Jahre alt, Master Public Management und Diplom-Verwaltungswirt im Landratsamt Cham. Hinter diesen simplen Fakten verbirgt sich ein Mann mit wirklich außergewöhnlichem Hobby. Mathias Seidl jun. ist der Rauhnachtschnitzer.
Seine Leidenschaft gehört dem uralten Brauchtum rund um die als Los- oder Rauhnächte bekannten Tage zwischen dem 21. Dezember und dem 6. Januar. Vor allem aber der Anfertigung mystischer, Furcht einflößender Masken und Kostüme, die in den Überlieferungen eine zentrale Rolle spielen.
Die Menschen schlüpften schon in alter Zeit in die Rolle von Druden, bluadigem Dammerl (blutiger Thomas), der Hobangoaß (Ziege mit Pferdefuß) oder der Wilden Jagd. Mathias Seid jun. hat sie mit viel Kreativität und bildhauerischem Talent zum Leben erweckt. Unter seinen geschickten Händen entstehen aus einem Stück Holz beeindruckende Masken mit viel Liebe zum Detail und aus Fellen, Leinensto‑ en, Ketten, Federn und vielem mehr aufwändige Kostüme.
Wir haben ihn besucht und ihm beim Schnitzen ein wenig über die Schulter geschaut.
Mathias Seidl jun.: Ich musste aufgrund von Verletzungen mein Hobby, das Fußballspielen aufgeben und war auf der Suche nach etwas Neuem. Etwa zeitgleich beschlossen Marktgemeinde und FFW Engelshütt, sich auf das Wagnis eine Rauhnacht zu organisieren, einzulassen. Nach und nach beschäftigte ich mich immer mehr mit dem Maskenbau und gelangte über unterschiedliche Materialien zum Holz. Darüber hinaus ist es auch das Organisieren und die Logistik einer solchen Veranstaltung in Zusammenarbeit mit FFW Engelshütt und Tourist-Info, was mir Spaß macht.
Mathias Seidl jun.: Ausgerechnet bei der Premiere konnte ich krankheitsbedingt nicht dabei sein, doch das Interesse des Publikums hat mich damals total überrascht. Über 1000 Leute erlebten das erste Rauhnachttreiben auf dem Dorfanger. Seit der 2. Auflage bin ich nun ununterbrochen dabei, oft auch als Darsteller. Keiner der Beteiligten hätte erwartet, dass es eine solche Erfolgsgeschichte werden würde.
Mathias Seidl jun.: Das lässt sich pauschal nicht sagen. Wenn es schnell gehen muss, ungefähr 40 Stunden, doch nicht immer läuft es so geradlinig. Meist beginnt eine Idee langsam zu reifen, dann folgt eine Konzeptstudie. Ich möchte immer das perfekte Ergebnis am Ende, darum muss ein Stück auch manchmal eine Weile beiseite legen und auf die richtige Idee warten.
Mathias Seidl jun.: Heutzutage bietet natürlich das Internet eine Fülle an Informationen. Auch Ausprobieren ist wichtig und führt im Laufe der Jahre zu einer großen Erfahrung. Darüber hinaus habe ich einen Schnitzkurs besucht und mir bei Bildhauern, Schnitzern aber auch Malern, wie z.B. von Bernd Kirschenbauer, der auch unser Spiel zum „Druddrucken“ als Kreidezeichnung dargestellt hat, Tipps geholt. Schließlich ist die Grundlage, dass die Proportionen stimmen und die Farbgestaltung passt.
Mathias Seidl jun.: Das ist je nach Ausarbeitung von Maske und Kostüm sehr unterschiedlich. Doch eigentlich lässt sich das so pauschal nicht sagen. Ich habe eine Vorstellung im Kopf und da möchte ich am Ende hin. Je detailreicher das Ganze wird, umso teurer ist es. Bei den Kosten für die Rohstoffe sind noch Hilfs- und Betriebsstoffe, aber auch die benötigten Werkzeuge hinzu zu rechnen. Sicherlich geht auch manchmal was daneben – man hat also auch mal Ausschuss und nicht zu vergessen die Arbeit, das über die Jahre angeeignete Know How und die Überlegungen im Vorfeld. Ein pauschaler Betrag lässt sich also kaum beziffern.
Mathias Seidl jun.: Nein eigentlich nicht. Ich mag alle, jede hat etwas Besonderes und in jeder meiner Masken und Kostüme steckt Herzblut. Das Maskenbauen hilft mir oftmals, Dinge zu verarbeiten. Hinter manchem Objekt steckt eine sehr persönliche Geschichte.
Mathias Seidl jun.: Ja natürlich, wir haben ja auch viele „Stammgäste“, die immer wieder etwas Neues erleben möchten. Inzwischen sind es nicht mehr nur die Lokalmatadoren „Engelshütter Teufel“ und „Rauhnachthexen“, die das Progamm bestreiten. Namhafte Perchtengruppen aus dem ganzen ostbayerischen Raum geben sich alljährlich am 27. Dezember auf dem Engelshütter Dorfanger ein Stelldichein der Rauhnachtgeister. Auch sie bringen immer wieder neue Impulse mit.
Die nächste Rauhnacht findet, soweit es die Corona-Pandemie zulässt, wieder am 27. Dezember 2021 statt. Die Tourist-Info bietet zudem eine geführte Wanderung „Zum Rauhnachtschnitzer“ an, bei der man die Sagenhaften Gestalten bewundern kann und eine Blick hinter die Kulissen werfen kann.